Albanien: Mehr als 25 verblüffende Fakten über ein Land voller Gegensätze

Albanien ist ein Land, das polarisiert – geheimnisvoll, oft unterschätzt, und voller Gegensätze. Zwischen strengem Atheismus und tiefer Religiosität, unberührter Natur und düsterem Schmuggel, Mercedes-Kult und uralter Gastfreundschaft entfaltet sich ein faszinierendes Mosaik.  In diesem Artikel entdecken Sie mehr als 25 verblüffende Fakten über ein Albanien, das weit über Klischees hinausgeht – ein Land, das überrascht, irritiert und begeistert.


1. Albanien… Das Dorf Lazarat – einst Europas „Cannabis-Hauptstadt“

Das südlich gelegene Dorf Lazarat, nahe der griechischen Grenze, galt lange als „Cannabis-Hauptstadt Europas“. Seit den 1990er-Jahren florierte dort der Cannabisanbau – bis 2014 wurden jährlich bis zu 900 Tonnen produziert, was Albanien zeitweise zum größten Haschisch-Exporteur Europas machte. Erst 2014 griff der albanische Staat hart durch: Eine groß angelegte Polizeirazzia führte zur Zerstörung der riesigen Plantagen. Ein Kapitel, das Fragen zur staatlichen Kontrolle und Vernachlässigung aufwarf.

Drei Männer stehen bei einem Traktor mit Anhänger auf einem Feldweg in einem albanischen Bergdorf namens Lazarat. Im Hintergrund: alte Stein­häuser, grüne Hügel und ein deutlich sichtbares Ortsschild „Lazarat“.


2. Tirana – Fahren erfordert Mut und Können

Tirana zählt zu den gefährlichsten Städten Europas im Straßenverkehr. Im Jahr 2022 wurden 59 Verkehrstote pro eine Million Einwohner verzeichnet – einer der höchsten Werte auf dem Kontinent. Allein bis September desselben Jahres gab es in der Hauptstadt 402 Unfälle. In 87 % der Fälle lag das Verschulden bei den Fahrern, besonders häufig bei jungen Erwachsenen im Alter von 25 bis 34 Jahren. Schlechte Infrastruktur, fehlende Beschilderung und aggressives Fahrverhalten wie überhöhte Geschwindigkeit machen das Autofahren in Tirana zu einem echten Balanceakt zwischen Risiko und Reaktion.

Hektische Straßenszene in Tirana mit jungen Autofahrern, Motorrädern, unsicheren Fußgängern und albanischen Schildern auf einem sonnigen Tag.


3. Albanien – der erste offiziell atheistische Staat der Neuzeit

Im Jahr 1967 erklärte Enver Hoxha Albanien zum ersten offiziell atheistischen Staat der Welt. Alle religiösen Institutionen – über 2.100 Moscheen, Kirchen und Heiligtümer – wurden geschlossen, Geistliche verhaftet oder ins Exil geschickt. Jede Form des Glaubens wurde als „fremde Aberglaube“ gebrandmarkt. Diese Politik des radikalen Staatsatheismus wurde von kommunistischen Verbündeten wie China unterstützt. Erst nach Hoxhas Tod 1985 begann ein kultureller Wandel. Ab 1990 kehrten Religionsfreiheit und Glaube schrittweise zurück – ein Wendepunkt in Albaniens geistiger Landschaft.

Straße im kommunistischen Albanien der 1980er Jahre, mit geschlossenen religiösen Gebäuden, grauem Himmel und albanischen Propagandaplakaten, Menschen in schlichten Wintermänteln.


4. Abends geht ganz Albanien spazieren!

In Albanien ist der abendliche Spaziergang – lokal bekannt als „Xhiro“ – ein fest verankerter sozialer Brauch. Sobald die Sonne untergeht, füllen sich Straßen und Plätze mit Menschen, die flanieren oder in Cafés verweilen. In manchen Städten wird abends sogar eine Hauptstraße zeitweise für den Autoverkehr gesperrt und zur Fußgängerzone erklärt – ein Zeichen für die wachsende Wertschätzung städtischer Lebensqualität. Besonders auffällig: 2016 führte Albanien europaweit bei der Anzahl an Cafés pro Einwohner – rund 654 pro 100.000 Menschen. Diese Cafékultur ist ein fester Bestandteil des „Xhiro“-Lebensstils: Man trifft sich, spricht, trinkt gemeinsam Kaffee – ein tägliches Ritual, das Menschen und Städte verbindet.

Menschen schlendern in einer albanischen Stadtstraße am Abend, flankiert von beleuchteten Cafés, mit albanischen Straßenschildern und warmem Licht.


5. Albanien… Gastfreundschaft in der „Oda“ – ein unübertroffenes Kulturerbe

In der albanischen Kultur ist der Gast heilig. In traditionellen Häusern gibt es die „Oda“ – einen eigens eingerichteten Empfangsraum für Besucher. Hier werden Gäste mit größter Ehre behandelt, bekommen das Beste vom Haus serviert und den Ehrenplatz angeboten. Dieser Brauch wurzelt im „Kanun“, dem albanischen Gewohnheitsrecht, das besagt: „Das Haus eines Albaners gehört zuerst dem Gast.“ Ein Ausdruck tief verwurzelter Großzügigkeit und Respekts, der bis heute gelebt wird.

Vier ältere albanische Männer mit traditionellen Westen sitzen auf Teppichen in einer rustikalen Oda-Stube mit niedrigen Holztischen, Kaffee und Gebäck – ein Moment der Gastfreundschaft.


6. Albanien – ein touristischer Geheimtipp voller Natur und Geschichte

Albanien entwickelt sich rasant zu einem der spannendsten Reiseziele Europas – dank seiner spektakulären Naturvielfalt und reichen Geschichte:

  • Atemberaubende Strände an der Adria und dem Ionischen Meer mit kristallklarem Wasser und vielfältigen Wassersportmöglichkeiten.

  • Die albanischen Alpen – ein Paradies für Wanderer und Naturliebhaber mit beeindruckenden Bergseen und Panoramen.

  • Ein mildes Mittelmeerklima mit angenehmen Wintern und warmen Sommern – ideal für Urlaub zu jeder Jahreszeit.

  • Eine gebildete, gastfreundliche Bevölkerung, die Touristen mit Wärme und Neugier begegnet.

Trotz dieser Vorzüge war Albanien lange Zeit ein weißer Fleck auf der touristischen Landkarte. Heute entdecken immer mehr Reisende das Land als authentisches, unberührtes Reiseziel abseits des Massentourismus.

Küstenlandschaft in Albanien mit türkisblauem Wasser, Sandstrand, grünen Hügeln im Hintergrund und wenigen Touristen – mediterrane Idylle zwischen Natur und Ruhe.


7. Albaner lieben Mercedes – mehr als die Deutschen!

Auf Albaniens Straßen fällt sofort etwas auf: Überall fahren Mercedes – nicht nur in Tirana, sondern auch in abgelegenen Bergdörfern. Und das ist kein Zufall: Statistiken zeigen, dass Albanien das Land mit der höchsten Mercedes-Dichte pro Kopf in Europa ist – sogar noch vor Deutschland, dem Ursprungsland der Marke!

Die Geschichte dieser Leidenschaft reicht zurück in die 1990er-Jahre, als nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes gebrauchte Mercedes-Modelle massenhaft ins Land kamen. Ihre Robustheit, Wartungsfreundlichkeit und Eignung für schwierige Straßen machten sie schnell zum Favoriten – nicht nur als praktisches Auto, sondern auch als Statussymbol. Selbst ein alter Mercedes gilt als Zeichen von Ansehen und Erfolg.

In Albanien sagt man daher scherzhaft: „Wenn du keinen Mercedes hast, hast du dein Leben noch nicht begonnen.“

Albanische Innenstadt mit vielen Mercedes-Fahrzeugen: ältere und neuere Modelle parken und fahren entlang belebter Einkaufsstraßen; Passanten und Geschäfte im Hintergrund, darunter typische Namen wie „Studio Aureta“ oder „UNIQUE“.


8. Koexistierende Kulturen – Moscheen, Kirchen und Basare

In der Altstadt von Gjirokastra erlebt man eine faszinierende Mischung religiöser und kultureller Spuren: Die berühmte Basar-Moschee aus dem Jahr 1757 – eine der wenigen, die die kommunistische Ära überstanden haben –, sowie mehrere Kirchen und andere Gotteshäuser zeugen von einer langen Geschichte des friedlichen Zusammenlebens verschiedener Glaubensrichtungen.

Unverzichtbar ist auch ein Besuch des traditionellen osmanischen Basars: kleine Läden, Handwerksbetriebe, gewebte Stoffe und handgemachte Souvenirs schaffen ein authentisches Ambiente vergangener Jahrhunderte.

Kurz gesagt: Gjirokastra ist kein gewöhnliches Reiseziel – es ist ein lebendiges Museum osmanisch-balkanischer Kultur, in dem jede Gasse, Festung, Moschee und Kirche eine Geschichte erzählt.

Straßenszene in der Altstadt von Gjirokastra: links ein osmanischer Basar mit bunten Textilien, in der Mitte eine historische Moschee mit Minarett und dahinter eine kleine Kirche mit Glockenturm – Symbol für religiöses Miteinander.


9. Albanien – ein säkularer Staat mit muslimischer Mehrheit

Albanien liegt in Südosteuropa auf dem Balkan, zwischen Adria und Ionischem Meer. Die Hauptstadt ist Tirana.

Religiös betrachtet ist das Land offiziell säkular – es gibt keine Staatsreligion. Dennoch bekennen sich laut Volkszählung von 2023 etwa 51 % der Bevölkerung zum Islam (darunter Sunniten und Bektashi), während rund 16 % christlichen Glaubens sind. Der Rest besteht aus Konfessionslosen oder Menschen, die keine religiöse Zugehörigkeit angegeben haben.

Menschen verschiedener Altersgruppen sitzen auf den Stufen eines öffentlichen Platzes in Tirana; im Hintergrund eine Moschee mit Minarett, daneben ein modernes Gebäude mit neutraler Fassade, Symbol für religiöse Toleranz.


10. Berat – „Stadt der tausend Fenster“ am Berghang

Berat liegt im Süden Albaniens am Ufer des Flusses Osum und zählt zu den architektonischen Perlen des Landes. Die Stadt gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist berühmt für ihre historischen weißen Häuser, die kunstvoll in die Berghänge gebaut wurden – was ihr den poetischen Beinamen „Stadt der tausend Fenster“ eingebracht hat.

Diese charakteristische Bauweise, größtenteils aus dem 18. und 19. Jahrhundert, vereint osmanische und byzantinische Einflüsse und lässt sich besonders eindrucksvoll in den Stadtteilen Mangalem und Gorica bewundern – eingebettet in die Kulisse der alten Festungsmauern.

Panoramablick auf die historische albanische Stadt Berat mit ihren weißen Häusern an einem grünen Hang, typischen osmanischen Fenstern, roten Dächern und dem Osum-Fluss im Vordergrund, bei klarem Tageslicht.


11. Ein Schatz an antiken griechischen Stätten

Durch seine Lage zwischen Griechenland und der Adria beherbergt Albanien zahlreiche beeindruckende Zeugnisse der griechischen Antike. Die bedeutendsten darunter sind:

  • Apollonia: Gegründet um 588 v. Chr. von griechischen Siedlern aus Korfu und Korinth, ist sie heute ein weitläufiges Ruinenfeld mit Tempeln, Straßen und einem Theater aus der hellenistischen Zeit.

  • Butrint: Eine antike griechische Stadt, die 1992 zum UNESCO-Welterbe erklärt wurde. Hier finden sich ein Theater, Hafenanlagen und gepflasterte Straßen – Überreste aus über 2000 Jahren Geschichte.

Neben diesen beiden Stätten gibt es weitere griechische Ruinen u. a. in Antigonea, Byllis und Durrës – ein Beweis für die historische Tiefe und das kulturelle Erbe Albaniens als Brücke zur klassischen Antike.

Antike Ruinenstätte in Butrint, Albanien – steinerne Tempelreste, Theaterbögen und gepflasterte Wege, eingebettet in grüne mediterrane Landschaft mit Blick auf eine Lagune.


12. Die albanische Diaspora – eine globale Kraft mit starkem Einfluss

Millionen Albaner leben heute in der Diaspora – in Europa, den USA und Australien – und leisten einen wichtigen Beitrag zur heimischen Wirtschaft. Ihre Rücküberweisungen machen jährlich 15 bis 18 % des albanischen BIP aus und sind somit ein wirtschaftliches Rückgrat des Landes.

Doch der Einfluss geht weit über Geldtransfers hinaus: Bei den Wahlen 2025 nahmen fast 200.000 Auslandalbaner per Briefwahl teil – ein historisches Zeichen politischer Verbundenheit. Hinzu kommt eine wachsende Bewegung von Initiativen, die Wissen, Kultur und Innovationen aus der Diaspora zurück ins Land bringen.

Die albanische Diaspora ist daher nicht bloß abwesend – sie ist eine aktive, kreative und tief verbundene Erweiterung der Nation.

Eine junge albanische Frau sitzt in einem modernen Wohnzimmer und lächelt in die Kamera, während sie mit ihrer Familie per Videoanruf kommuniziert. Auf dem Tisch vor ihr liegt ein Notizbuch mit dem Schriftzug „Projekt: Kulturzentrum in Tirana“ sowie ein Smartphone mit einer geöffneten Geldtransfer-App.


13. Mutter Teresa – Friedensnobelpreisträgerin mit albanischem Herzen

Weltweit verehrt, gilt Mutter Teresa als Symbol der Barmherzigkeit – doch in ihrem Herzen war sie stets albanisch. Sie wurde in Skopje als Tochter einer katholischen albanischen Familie geboren und wuchs in einer streng gläubigen Umgebung auf, die sie prägte. Nach einem Leben im Dienst der Armen in Indien wurde sie 1979 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet und avancierte zur bekanntesten Albanerin auf der globalen Bühne. In Albanien wird sie nicht nur als Heilige, sondern als nationales Symbol gefeiert: Plätze, Flughäfen und Gedenktage tragen ihren Namen und erinnern an den Stolz einer ganzen Nation.

Junge Frau legt eine rote Rose am Denkmal von Mutter Teresa nieder, mit der Inschrift „Nënë Tereza – Krenaria jonë“ in albanischer Sprache.


14. Albanien – das günstige Paradies für Entdecker

Albanien gilt als eines der preiswertesten Reiseziele Europas. Traumhafte Strände, unberührte Natur und historische Städte lassen sich hier erleben, ohne das Reisebudget zu sprengen. Oft wird das Land sogar als „die Malediven Europas“ bezeichnet – nicht nur wegen der Schönheit seiner Küsten, sondern auch wegen der erschwinglichen Preise. Besonders junge Reisende und Budget-Touristen entdecken Albanien als Geheimtipp für authentische Erlebnisse zum kleinen Preis.

Zwei junge Frauen sitzen entspannt am Sandstrand von Ksamil, Albanien. Eine von ihnen macht ein Selfie, während die andere mit Sonnenbrille lächelt und ein Getränk hält. Im Hintergrund das türkisfarbene Meer, ein traditionelles Holzboot und eine Strandbar mit der albanischen Aufschrift „PLAZH I LIRË – PIJE TË FTOTHA“.


15. Die albanische Sprache – einzigartig in ganz Europa

Die albanische Sprache ist ein linguistisches Unikum. Im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Sprachen gehört sie keiner gängigen Sprachgruppe wie Slawisch oder Romanisch an, sondern bildet einen eigenen, isolierten Zweig der indoeuropäischen Sprachfamilie. Trotz zahlreicher historischer Einflüsse – vom Türkischen über das Griechische bis hin zum Latein – hat sich die Struktur der Sprache eigenständig entwickelt. Albanisch gliedert sich in zwei Hauptdialekte: Gheg im Norden und Tosk im Süden, wobei Tosk heute als Standard gilt. Eine Sprache so eigenwillig wie das Land selbst – tief verwurzelt, komplex und stolz unabhängig.

Ein älterer albanischer Mann liest konzentriert ein Buch mit dem Titel „Gjuha shqipe“ in einer gemütlichen Bibliothek. Auf dem Tisch vor ihm liegen eine Tasse Kaffee, eine Lesebrille und ein Notizbuch mit albanischen Notizen.


16. Albaniens langer Weg nach Europa

Seit über 15 Jahren strebt Albanien einen Beitritt zur Europäischen Union an. Der offizielle Antrag wurde 2009 gestellt, 2014 erhielt das Land den Kandidatenstatus. Doch lange war der Prozess blockiert – unter anderem wegen geopolitischer Hürden in Nachbarstaaten. Erst im Juli 2022 begannen die offiziellen Beitrittsverhandlungen. Die aktuelle Regierung unter Edi Rama verfolgt das Ziel, bis 2030 vollwertiges EU-Mitglied zu werden. Trotz Unterstützung aus Ländern wie Frankreich und Italien bleibt der Fortschritt an Bedingungen geknüpft: Reformen im Justizwesen, im Kampf gegen Korruption und in der Verwaltung sind zentrale Voraussetzungen. Albanien ist dem Ziel so nah wie nie – doch der Weg bleibt anspruchsvoll.

Zwei junge albanische Frauen stehen vor einem modernen Regierungsgebäude in Tirana. Eine hält die albanische Flagge, die andere eine Mappe mit dem EU-Sternenlogo. Hinter ihnen wehen Fahnen und ein Schild über dem Eingang trägt den Schriftzug „INTEGRIMI EVROPIAN“.


17. Albaner – wenn Heimatliebe zur tiefen Überzeugung wird

Wer mit einem Albaner spricht, spürt schnell: Patriotismus ist hier nicht nur Stolz – er ist ein fester Bestandteil der Identität. Diese emotionale Bindung an das Land wurzelt tief in der Geschichte, Symbolik und im kollektiven Gedächtnis. Ausdruck findet sie vor allem in der roten Flagge mit dem schwarzen Doppeladler – dem Erbe des Nationalhelden Skanderbeg, der im 15. Jahrhundert den Widerstand gegen das Osmanische Reich anführte. Dieser Adler ziert nicht nur Flaggen, sondern auch T-Shirts, Tattoos und wird in der bekannten Geste mit gekreuzten Armen als „fliegender Adler“ dargestellt. Dahinter steht eine lange Geschichte von Kämpfen: gegen Besatzungen, für Sprache, Religion und Identität – bis hin zur Unterstützung Kosovos. Heimatliebe ist in Albanien keine Floskel, sondern fast ein Glaube, der in Körper, Erinnerung und Gestik lebt.

Zwei junge albanische Frauen stehen in einer öffentlichen Platzanlage und führen stolz die „Adler-Geste“ mit verschränkten Armen über der Brust aus. Eine trägt ein schwarzes T-Shirt mit dem Doppeladler-Emblem, die andere ein rotes T-Shirt und hält eine albanische Flagge. Im Hintergrund weht die Nationalflagge vor einem offiziellen Gebäude.


18. Zwischen Albanien und der Schweiz – Migration, Identität und Zusammenarbeit

Was auf den ersten Blick überraschen mag: In der Schweiz lebt eine der größten albanischen Gemeinschaften Westeuropas. Seit den 1970er-Jahren – und verstärkt während der Balkankriege der 1990er – wanderten Tausende Albanerinnen und Albaner aus Kosovo, Nordmazedonien und Albanien in die Schweiz aus. Heute zählt die albanische Diaspora dort rund 250.000 bis 300.000 Menschen, und die albanische Sprache gehört zu den meistgesprochenen nichtamtlichen Sprachen des Landes. Die Community bringt politische und sportliche Erfolge hervor – etwa die Fußballstars Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka – steht aber auch vor Integrationsherausforderungen und Vorurteilen. Dennoch geht die Beziehung über Migration hinaus: Die Schweiz unterstützt Albanien mit Millionenbeträgen in Bildungs- und Verwaltungsprojekten – eine Partnerschaft, die Herz und Verstand zwischen Alpen und Balkan verbindet.

Zwei junge Erwachsene stehen vor der Stadtbibliothek Zürich. Die Frau hält ein rotes Notizbuch mit dem albanischen Doppeladler, der Mann einen Laptop mit einem Aufkleber der Schweizer Flagge. Im Hintergrund wehen die Flaggen von Albanien und der Schweiz.


19. Bunker aus der Diktatur – Albaniens Kriegserbe als neue Kulturorte

In Albanien stößt man überall auf ein Relikt aus der Zeit des Kalten Krieges: kleine, runde Betonbunker, die aus dem Boden ragen. Unter Enver Hoxha wurden zwischen 175.000 und 750.000 dieser „Bunker“ im ganzen Land errichtet – als Schutz vor einer nie eingetretenen Invasion. Heute, nach dem Ende der kommunistischen Ära, haben viele dieser einstigen Symbole der Paranoia eine kreative Verwandlung durchlaufen. Einige dienen als Cafés mit Meerblick, andere als Kunsträume oder Museen – allen voran das Projekt „Bunk’Art“ in Tirana, das historische Aufarbeitung mit zeitgenössischer Kunst verbindet. So wurden die Bunker zu Orten des Erinnerns, aber auch der Öffnung – ein stilles, aber kraftvolles Zeichen, wie Albanien mit seiner Vergangenheit umgeht: nicht durch Verdrängung, sondern durch Transformation.

Eine junge Frau liest ruhig ein Buch vor einem ehemaligen Bunker, der zu einem Café umfunktioniert wurde. Der Bunker ist mit einem Wandgemälde verziert – darunter der albanische Doppeladler, zwei blaue Rosen und eine traditionelle Maske. Im Hintergrund erstreckt sich eine hügelige Landschaft mit Blick auf das Meer.


20. Albanien – hinter idyllischen Stränden operiert eine Schattenwelt

Trotz des wachsenden Rufs als günstiges Naturparadies bleibt ein dunkler Aspekt Albaniens oft verborgen: die sogenannte „albanische Mafia“. Zahlreiche europäische Berichte beschreiben ein weitverzweigtes, diszipliniertes Netzwerk, das europaweit in Drogenschmuggel (vor allem Kokain), Menschenhandel und Geldwäsche über Immobilien- und Hotelprojekte involviert ist. Diese Gruppen sind flexibel, gut organisiert – und arbeiten teils mit italienischen oder südamerikanischen Kartellen zusammen. Für den Touristen bleibt all das meist unsichtbar. Doch dieses Schattenreich ist real – und Teil der komplexen Gegenwart eines Landes, das mehr ist als nur Küsten und Sonne.

Zwei Männer in dunkler Kleidung sitzen an einem Café-Tisch vor einem modernen Hotel an der Küstenpromenade Albaniens bei Sonnenuntergang. Eine schwarze Mercedes-Limousine steht vor dem Gebäude, während Spaziergänger am Meer entlangflanieren. Auf dem Tisch liegen eine Aktentasche und eine Espressotasse.


21. In Albanien bedeutet „Nein“ oft „Ja“ – und umgekehrt!

Eine der kuriosesten Überraschungen für Besucher Albaniens ist die Körpersprache: Ein Kopfschütteln nach links und rechts bedeutet hier „Ja“, während ein Nicken nach oben und unten „Nein“ bedeuten kann. Diese ungewöhnliche Geste – typisch für einige Regionen des Balkans – sorgt regelmäßig für Verwirrung und amüsante Missverständnisse, besonders bei schnellen Dialogen. Wer sich auf Gespräche mit Einheimischen einlässt, lernt schnell: In Albanien spricht nicht nur der Mund, sondern auch der Kopf auf eigene Weise.

Ein westlicher Tourist sitzt in einem traditionellen albanischen Café, während ein junger Kellner mit verschränkten Armen daneben steht und leicht den Kopf schüttelt. Im Hintergrund ist ein warm eingerichteter Raum mit Ziegelwänden und der Aufschrift „Mirë se vini“ zu sehen.


22. Mehr Albaner leben im Ausland als im Inland

Obwohl Albanien nur etwa drei Millionen Einwohner zählt, leben weltweit zwischen sieben und zehn Millionen Menschen mit albanischen Wurzeln. Historische Diasporas in Italien, Griechenland und der Türkei sowie moderne Migrationsbewegungen nach Deutschland, die Schweiz oder die USA haben zu einer weit verzweigten albanischen Gemeinschaft geführt. Viele dieser Auswanderungen reichen Jahrhunderte zurück – etwa durch Flucht vor der osmanischen Expansion. Heute pflegen viele Diaspora-Albaner weiterhin ihre Sprache und Kultur. Ein zahlenmäßiges Paradox: klein auf der Landkarte, aber groß in der Welt.

Eine junge Albanerin steht vor einer hellen Wand mit einer Weltkarte. Sie trägt ein rotes T-Shirt mit dem schwarzen Doppeladler und zeigt lächelnd auf einen markierten Punkt über Deutschland. Auf der Wand steht auf Albanisch: „Shqiptarët në botë – Dy herë më shumë jashtë“.


23. Frische Meeresküche und Früchtegenuss – Albaniens kulinarischer Schatz

Mit seiner langen Adriaküste und Nähe zum Ionischen Meer ist Albanien ein Geheimtipp für Liebhaber frischer Meeresfrüchte: Garnelen, Tintenfisch, Muscheln, gegrillter Fisch und Calamari werden meist schlicht, aber aromatisch zubereitet – ein wahres Fest für den Gaumen. Hinzu kommt ein reicher Obstkorb an lokalen Köstlichkeiten wie Feigen, Trauben, Aprikosen und Pfirsichen, die entweder frisch serviert oder zu Süßspeisen und Konfitüren verarbeitet werden. Diese kulinarische Frische verleiht jedem Albanienbesuch ein genussvolles Aroma – direkt aus dem Garten und Meer auf den Teller.

Tisch am Ufer mit gegrilltem Fisch, Garnelen, Muscheln und Körben voller Trauben, Feigen und Aprikosen im Sonnenuntergang; Schild mit albanischer Aufschrift „Gatuar me dashuri“ (Mit Liebe gekocht) davor, Fischerboot im Hintergrund.


24. Albanien – ein kleines Land, das sich mit Naturenergie erleuchtet

Trotz seiner geringen Größe zählt Albanien zu den führenden Wasserkraftnationen Europas: Über 95 % des Stroms stammen aus Flüssen und Staudämmen – ein beinahe vollständig erneuerbares Energiesystem. Die wichtigsten Kraftwerke befinden sich am Fluss Drin, darunter Fierza, Koman und Vau i Dejës, die den Großteil des nationalen Energiebedarfs decken. Auch große europäische Energieunternehmen investieren zunehmend in die albanische Infrastruktur. Doch nicht nur das Wasser macht Albanien energiereich: Das Land besitzt den zweitgrößten Erdölvorrat des Balkans – mit dem Oberflächenfeld „Patos-Marinza“, dem größten seiner Art in Europa.

Ein Staudamm im Norden Albaniens erstreckt sich zwischen grünen Bergen, mit einem leuchtend blauen Fluss, der durch die Turbinen fließt. Ein junger Arbeiter in roter Sicherheitsweste steht im Vordergrund und betrachtet ein Tablet. Auf dem Kraftwerksgebäude steht: „Energjia e gjelbër – Drita nga Drini“.


25. Albanien – als eine Drohne Fußballgeschichte schrieb

Ein Moment, wie aus einem Film: 2014 wurde das EM-Qualifikationsspiel zwischen Serbien und Albanien durch eine Drohne unterbrochen, die ein Banner mit einer „Großalbanien“-Karte über das Spielfeld trug. Die Szene eskalierte – Spieler gerieten aneinander, Fans stürmten den Platz, und das Spiel wurde abgebrochen. Der Vorfall löste politische Debatten und ein juristisches Nachspiel aus. Am Ende sprach das Internationale Sportgericht den Sieg mit 3:0 Albanien zu – ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur ersten EM-Teilnahme des Landes 2016. Eine Drohne – Symbol eines Traums und Zündfunke eines historischen Wandels im albanischen Fußball.

Ein Fußballspiel unter Flutlicht wird jäh unterbrochen, als eine Drohne mit einer Flagge der „Großalbanien“-Silhouette über das Spielfeld fliegt. Spieler beider Teams und der Schiedsrichter blicken fassungslos in die Luft, während das Stadion im Hintergrund brodelt.


26. Gjirokastra – die steinerne Stadt mit osmanischer Seele

Gjirokastra im Süden Albaniens ist seit 2005 UNESCO-Weltkulturerbe – und das nicht ohne Grund: Die Stadt beeindruckt mit ihrer einzigartigen Steinarchitektur osmanischer Prägung aus dem 17. Jahrhundert. Traditionelle Häuser mit Schieferdächern, enge Kopfsteinpflaster-Gassen und historische Bauten machen sie zu einem lebendigen Museum. Eingebettet in ein Tal zwischen den Drino-Bergen auf etwa 300 Metern Höhe, thront über der Stadt die mächtige Gjirokastra-Burg. Sie stammt vermutlich aus dem 12. Jahrhundert und beherbergt heute ein Museum sowie den berühmten Folklore-Nationalfestival – ein Ort, an dem Geschichte und Kultur in Stein gemeißelt sind.

Traditionelle osmanische Steinhäuser mit Schieferdächern entlang einer gepflasterten Straße in Gjirokastër, dahinter die Burg und die Berge im Drino-Tal.


Albanien ist mehr als ein Reiseziel – es ist ein kulturelles Rätsel, ein historischer Spiegel und ein Land mit stolzer Seele. Die Vielfalt an Geschichten, Persönlichkeiten und Gegensätzen macht es zu einem Ort, der entdeckt – und verstanden – werden will. Wer Albanien wirklich kennenlernen möchte, muss bereit sein, gängige Vorstellungen zu hinterfragen.

 

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